Study

Legal Process Outsourcing

Die Auslagerung juristisch-administrativer Aufgaben in Deutschland

Legal Process Outsourcing (LPO), die Auslagerung von juristisch-administrativen Aufgaben – häufig Routineaufgaben – durch Kanzleien und Rechtsabteilungen an externe Service-Anbieter oder an Kanzleien, ist in den Vereinigten Staaten und in vielen asiatischen Ländern schon seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Dass das Thema auch im deutschen Markt eine zunehmend wichtige Rolle spielt, zeigen die jüngste Auslagerung des Bereichs Litigation durch die Deutsche Bank sowie die Expansionspläne zahlreicher ausländischer LPO-Service-Anbieter für Deutschland. Welche Bedeutung das Thema LPO im deutschen Markt einnimmt, wurde im Rahmen der von Schoen + Company durchgeführten Studie, bei der die 100 wichtigsten Kanzleien, Unternehmen und LPO-Dienstleister in Deutschland befragt wurden, ebenso zum ersten Mal erfasst und ausgewertet, wie die zu erwartende Entwicklung.

Legal Process Outsourcing In Deutschen Rechtsabteilungen kaum etabliert

Zwar geben nur 23% der teilnehmenden Unternehmen an, bereits Ausschreibungen zur Auslagerung von juristischen Routineaufgaben durchgeführt zu haben, diese haben jedoch schon wiederholt ausgeschrieben. Auf der Kanzleiseite hat hingegen schon die Hälfte der Antwortenden an einer solchen Ausschreibung teilgenommen.  

77% der Unternehmen haben noch keine Ausschreibung zur Auslagerung juristischer Routineaufgaben durchgeführt.

Unternehmen bevorzugen Kanzleien beim Outsourcing

Von den knapp 80% der Unternehmen, die noch keine Ausschreibung zur Auslagerung durchgeführt haben, bestehen bei 27% konkrete Pläne, dies in Zukunft zu tun. Allerdings nicht an LPO-Service-Anbieter, sondern ausschließlich an Kanzleien. Dass die Auslagerung von juristischen Routineaufgaben noch in den Kinderschuhen steckt, zeigt auch die Tatsache, dass nur 16% der teilnehmenden Kanzleien erwarten, in Zukunft an Ausschreibungen teilzunehmen.

 

Gewerblicher Rechtsschutz wird bereits von 19% der antwortenden Kanzleien ausgelagert.

Die Prozessschritte in den Rechtsgebieten müssen eindeutig identifizierbar sein

Im Bereich IP und Gewerblicher Rechtsschutz wird schon seit vielen Jahren ausgelagert. Weitere Rechtsgebiete, in denen eine Auslagerung in Frage käme, sind M&A, öffentliches Recht, Litigation, Forderungsbeitreibung, Arbeitsrecht und Außenhandel.

Unternehmen fordern qualifizierte Anwälte, die die ausgelagerte Betreuung von Routineaufgaben übernehmen können.

Monetäre Argumente sprechen bei Kanzleien für eine Auslagerung

Unternehmen sehen durch LPO die Möglichkeit zusätzlicher freier Kapazitäten (25%) und den Vorteil der Kosteneinsparung (19%). Kanzleien sehen ebenfalls eine bessere Kostenstruktur sowie mehr Zeit für die Mandantenpflege als Hauptvorteile.

Koordinierungsaufwand ist das größte Hindernis

Auf Seiten der Unternehmen ist das größte Hindernis einer Auslagerung der dadurch entstehende erhöhte Koordinierungsaufwand (33%). Das liegt auch daran, dass Prozessschritte oft nicht klar identifizierbar sind (14%) und somit nicht leicht zur Auslagerung voneinander getrennt werden können. Die Datensicherheit wird von 14% der teilnehmenden Unternehmen, aber von 23% der teilnehmenden Kanzleien als bedenklich angesehen. 27% der Kanzleien glauben zudem noch, dass die Qualität der Ergebnisse darunter leiden könnte.

Unternehmen fordern qualifizierte Anwälte für die Betreuung

Die Unternehmen fordern qualifizierte Anwälte, die die ausgelagerte Betreuung von Routineaufgaben übernehmen können (19%). Zudem wird die internationale Ausrichtung vom LPO-Dienstleister (14%), der zur Betreuung beauftragten Kanzlei (13%) und Chinese Walls (14%) gewünscht.

Kanzleien Lagern am häufigsten IP-Management-Aufgaben aus

Kanzleien lagern am häufigsten IP-Management (29%) und die Prüfung und den Entwurf von Verträgen (17%) aus. 24% der antwortenden Unternehmen sehen Litigation-Support als Routineaufgabe an, die sie am ehesten auslagern würden. Die Dokumentenprüfung wurde von 20% und Due Diligence von 16% genannt.

Auslagerung von Übersetzungen am beliebtesten bei Unternehmen und Kanzleien

Bei der Auslagerung von Support-Tätigkeiten favorisieren 33% der teilnehmenden Kanzleien sowie 26% der Unternehmen Übersetzungen. Für Kanzleien kommen weiterhin noch IT (24%), Sekretariatsaufgaben (14%) und Abrechnung/Billing (12%) in Frage.

Mandanten bevorzugen Zusammenarbeit mit Kanzleien

Auf der Mandantenseite sehen 58% der Antwortenden das Modell der Zusammenarbeit mit einer Kanzlei, die Standardprozesse zu einem geringeren Preis anbietet, als die beste Lösung. Jeweils 17% sehen den Aufbau eines eigenen Service Centers und die direkte Zusammenarbeit mit einem LPO-Dienstleister als mögliches LPO-Modell.

Verlagerung ins Ausland kommt für Kanzleien nicht in Frage

Den Aufbau eines Standortes in einem Niedriglohnland können sich die teilnehmenden Kanzleien kaum vorstellen, jedoch 20% den Aufbau eines Büros an einem preiswerten B-Standort in Deutschland (Nearshoring) und 25% die Einrichtung von Home Offices. 45% der teilnehmenden Kanzleien bevorzugen im Falle einer Auslagerung die Zusammenarbeit mit einem externen LPO-Dienstleister. So können die Kanzleien auf das bevorzugte Modell ihrer Mandanten eingehen und durch die Zusammenarbeit einem LPO-Dienstleister ihre Standardprozesse kostengünstiger anbieten.

LPO-Dienstleister in Deutschland sind noch unbekannt

Kaum ein international tätiger oder lokaler LPO-Dienstleister ist den antwortenden Kanzleien bekannt, denn der Veränderungsdruck kommt von den General Counsels der Unternehmen. Lediglich CPA Global ist bekannt. Mit diesem Anbieter arbeiten einige Kanzleien bereits zusammen bzw. planen dies.

Einsparungspotenzial höchstens bei 20%

Die antwortenden Kanzleien sehen ein Kosteneinsparungspotenzial von 10% bis 20%, wobei maximal jedoch die Hälfte dieses Potenzials in den nächsten 5 Jahren realisiert werden kann. Auch die Unternehmen sehen maximal ein Einsparungspotenzial von 20%.

Kanzleien reagieren lediglich

46% der antwortenden Kanzleien erklären ihre Mandanten zum Treiber. 29% glauben, dass sie selbst für die Entwicklung verantwortlich seien und 25% glauben, die LPO-Dienstleister können diese Entwicklung vorantreiben. Im Gegensatz zu den Kanzleien gibt es bei den teilnehmenden Unternehmen eine eindeutige Zuweisung. 80% der Unternehmen sehen die LPO-Dienstleister als treibende Kraft, 20% sehen die Unternehmen als Treiber. Die Kanzleien werden aus Sicht der Unternehmen überhaupt nicht als Treiber gesehen.

Die Kanzleien werden einen Preisdruck erfahren und es werden neue LPO-Dienstleister entstehen.

Hohe Zuwachsraten im internationalen Legal Process Outsourcing erwartet

LPO-Dienstleister sehen ihre Chance darin, dass eine Großkanzlei, die 300 Euro pro Stunde für einen Associate verlangt, sich überlegen wird, ob sie in dieses preiswerte Segment des Outsourcings eintritt. Denn die Zusammenarbeit mit einem LPO-Dienstleister ergibt mehr Sinn, so ein führender LPO-Dienstleister. Je mehr Kanzleien sich gegenüber LPO öffnen, desto schwieriger wird es für die, die sich gegen diese Entwicklung stellen, dies ihren Kunden gegenüber zu rechtfertigen.

Der Preisdruck auf die Kanzleien wird zunehmen

Die Auswirkungen von Legal Process Outsourcing auf den Markt sind auf beiden Seiten eindeutig. Die Kanzleien erwarten hauptsächlich eine Zunahme des Preisdrucks (26%), eine zunehmende Segmentierung des Kanzleimarktes (21%) und die Entstehung neuer LPO-Dienstleister (18%). Eine Konsolidierungswelle im Kanzleimarkt wird hingegen nicht erwartet. Die Unternehmen sehen eine stärkere Segmentierung des Kanzlei-marktes (27%), eine Zunahme des Preisdrucks (23%), Entstehung neuer LPO-Dienstleister in Deutschland (17%) und eine Expansion ausländischer LPO-Dienstleister nach Deutschland (10%) als Folgen dieser Entwicklung.

Executive Summary

  1. Die Hälfte der teilnehmenden Kanzleien hat bereits an Ausschreibungen teilgenommen.
  2. Ein Viertel der Unternehmen plant Standardprozesse an Kanzleien auszulagern.
  3. Für ein Drittel ist der erhöhte Koordinierungsaufwand das größte Hindernis.
  4. Jedes vierte Unternehmen sieht zusätzliche freie Kapazitäten durch das Outsourcen.
  5. Ein Fünftel der befragten Unternehmen fordert qualifizierte Anwälte für die Betreuung von Routineaufgaben.LPO-Dienstleister sind in Deutschland noch unbekannt.
  6. Das Einsparungspotenzial durch LPO liegt zwischen 10 und 20 Prozent.
  7. Die Hälfte der Kanzleien sieht ihre Mandanten als Treiber dieser Entwicklung.
  8. Aus Mandantensicht reagieren die Kanzleien ausschließlich.
  9. Ein Viertel der befragten Unternehmen und Kanzleien erwartet eine Zunahme des Preisdrucks.

 

Studiendesign

 

Befragt wurden die Top 100 Kanzleien und die Top 100 Unternehmen in Deutschland. Die Studie wurde schriftlich, durch einen Fragebogen gestützt durchgeführt. In den Kanzleien wurden Managing Partner, Marketingleiter oder Leiter des Business Developments und in den Unternehmen Leiter der Rechtsabteilung oder Geschäftsführer befragt. Die Teilnahmequote betrug 16%. Die Befragung fand von Juni bis Juli 2011 statt. Die Auswertung erfolgte anonym.

 

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