White Paper

Organisatorische Effektivität

Schlanke Prozesse und funktionale Organisation

Die Notwendigkeit zur Effizienzsteigerung in Anwaltskanzleien ist ungebrochen. Gründe hierfür sind der zunehmende Preisdruck und die gestiegenen Kundenanforderungen hinsichtlich Schnelligkeit, Transparenz und Qualität der Prozesse. Durch die Nachfrage alternativer Honorarmodelle werden Projektmanagement und vorhersehbare Mandatsverläufe und Prozesse wichtiger, damit diese profitabel kalkuliert werden können.

Neben schlanken Prozessen ist eine funktionale Organisation wichtig, um flexibel und reaktionsfähig zu sein. Die mit dem Konzentrationsprozess einhergehende Vergrößerung der Strukturen bedingt neue Managementstrukturen und höheren Managementaufwand. Der Managing Partner stößt bei seinem Spagat zwischen Mandatsarbeit und Managementaufgaben oft an die Grenzen der persönlichen Leistungsfähigkeit, Qualifikation und interner Durchsetzbarkeit.

Zur erfolgreichen Ausführung der Managementaufgaben müssen sich die Verantwortlichen auf ein effizientes Controlling verlassen. Aktuell werden Entscheidungen oft auf einer unzureichenden Informationsbasis gefällt. Das Controlling kann die Partner im Alltag entlasten. Unterstützend wirken auch IT-Systeme, wie die digitale Akte, Knowledge Management oder Customer Relationship Management, um Daten schnell und sicher zur Verfügung zu stellen und das Wissen der Mitarbeiter zu sichern.

Schoen + Company beschreibt zentrale Themen des professionellen Kanzleimanagements in einer Serie von vier White Papers. Dabei werden zahlreiche praktische Fallbeispiele aus der Beratungstätigkeit sowie die dazugehörigen theoretischen Ansätze vorgestellt.

Teil 1: Strategische Positionierung; Teil 2: Mandantenentwicklung; Teil 3: Marketingeffizienz: Teil 4: Organisatorische Effizienz

Organisation und Prozesse müssen mitwachsen und systematisch entschlackt und angepasst werden.

Schritt 1: Geschäftsprozessoptimierung für mehr Effektivität

Zur Optimierung der Geschäftsprozesse werden der Workflow, das Mengengerüst, die Durchlauf- bzw. Bearbeitungszeiten eines Mandats, die Auslastung und die Beteiligung von Mitarbeitern unterschiedlicher Qualifikationsstufen analysiert.
Unter Beteiligung der Mitarbeiter wird systematisch Verschwendung identifiziert. Lean Management Methoden, wie das japanische Konzept der 7 Muda (Arten der Verschwendung), unterstützen die Identifizierung von Ineffizienzen. Zudem ist die Visualisierung der Prozesse für die Neugestaltung und Optimierung hilfreich. Das Ergebnis sind neu gestaltete und schlanke Sollprozesse.

Fallbeispiel

Um schlanke Soll-Prozesse für eine integrierte Kanzlei zu defi-nieren, wurden die IT-Strukturen und die Prozesse in einzelnen Compliance-Bereichen untersucht. Außerdem sollte die Auslagerung in eine Compliance-Fabrik geprüft werden. Die Ist-Prozesse wurden visualisiert (siehe Grafik links) und mit den Mitarbeitern optimiert. Es konnten 7 Hebel zur Profitabilitäts-steigerung identifiziert werden.
Insgesamt konnten durch die Prozessoptimierungen ca. 13 % Zeiteinsparungen erreicht werden, die zunächst die Mehrarbeit und anschließend die Kostenquote senkten. Durch die anderen Profitabilitätshebel waren Kosteneinsparpotenziale von bis zu 45 % möglich.

Schritt 2: Anpassung der Managementstrukturen

Schoen + Company hat ein Modell zu den Entwicklungsstufen von Kanzleien entwickelt, welches auch die Stellung der Supportstrukturen beinhaltet (Finanzen, IT, Marketing, PR, Human Resources, Business Development):

  1. Externes Management:
    - C-Level-Funktionen mit Externen besetzt, welche keine
      Mandatsarbeit leisten
  2. Management Board supra pares:
    - Managing Partner und Executive Team stehen dem Partnerkreis
      vor, treffen teilweise Entscheidungen eigenständig
    - Große Support-Bereiche
    - Management ist teilweise oder ganz freigestellt
      und wird gesondert vergütet
  3. Management Team:
    - Managing Partner und das Management Team
      haben eigene Entscheidungskompetenzen
    - Professionelle Support-Teams
    - Partner sind teilweise freigestellt
  4. Funktionale Partnerschaft:
    - Einzelne Partner verantwortlich für Kernfunktionen
      (Zusatzaufgabe)
    - Einzelne Support-Mitarbeiter
    - Partner sind nicht bzw. teilweise freigestellt
  5. Klassische Partnerschaft:
    - Partner treffen alle Entscheidungen gemeinschaftlich
    - Kein Management-Support
    - Keine Freistellung für Managementaufgaben

Schritt 3: Fundierte Entscheidungen

Ein effizientes Controlling bietet den Verantwortlichen Informationen für datenbasierte Entscheidungen. Mit Hilfe des Controllings werden Ziele quantifiziert und deren Erreichung gesteuert sowie kontrolliert.
Statt einer klassischen Excelliste sollten die Reports grafisch aufgearbeitet und leicht verständlich sein. Die Daten sollten auch auf mobilen Endgeräten per Knopfdruck verfügbar sein.

Schritt 4: Kundenorientierte Neuausrichtung mit Industry Groups

Viele Kanzleien zeigen auf ihren Internetpräsenzen noch die klassische Strukturierung ihrer Leistungen nach Rechtsgebieten. Je nach Anzahl der Rechtsgebiete ist dies für den Mandanten, welcher teilweise selbst nicht weiß, welche Rechtsgebiete für das Problem benötigt werden, unübersichtlich. Immer mehr Kanzleien richten sich daher auf verschiedene Branchen bzw. Industries aus. Ein systematisches Vorgehen beginnt mit der Analyse der bisherigen Mandanten nach Branchen und der in Anspruch genommenen Leistungen. Je Industry Group sollten spezifische Leistungen und konkrete Marketingpläne und -maßnahmen festgelegt werden.

Fallbeispiel

Für eine deutsche Top-Kanzlei wurde eine Cross-Selling-Analyse (Leistungen je Mandant) durchgeführt und die Mandanten entsprechenden Branchen zugeteilt. In Partnerworkshops wurden die Industries geclustert und priorisiert, so dass sich schließlich sieben Industry Groups für den Marktangang herauskristallisierten. Je Industry Group wurde ein Team von drei bis vier Partnern gebildet, die als Industrieexperten auftreten sollen.

Schritt 5: Optimierung der Admin- und Supportstrukturen

Die Struktur und personellen Kapazitäten im Bereich Admin & Support laufen in vielen Kanzleien dem Bedarf hinterher. In der exklusiven Studie „Moderne Führungsstrukturen“ hat Schoen + Company nach Benchmarks für diese Bereiche gefragt. Demnach legen große Kanzleien mehr Wert auf IT, Human Resources, Business Development und Marketing als kleine. In größeren Kanzleien bündelt und leitet ein Chief Operating Officer als Vorgesetzter alle Bereiche, was die Partner entlastet.

Fallbeispiel

Für eine amerikanische Top-Kanzlei wurden die verschiedenen Admin-Bereiche untersucht und restrukturiert. Ziel waren die weitestgehende Zentralisierung an einem Standort und konsequentes Outsourcing.
Die Bereichsanalyse zeigte zudem Ineffizienzen durch den Einsatz unterschied-licher IT-Systeme. Diese wurden ebenso behoben und optimiert wie die Abläufe in den Bereichen Archivierung, Catering, Travel, Rezeption und in der Druck- und Postzentrale.

Checkliste – Zehn Fragen zur organisatorischen Effektivität Ihrer Kanzlei:

  1. Wurden Ihre Prozesse systematisch auf Verbesserungspotenziale hin überprüft?
  2. Gibt es einheitliche Abläufe innerhalb der Kanzlei?
  3. Passt Ihre Managementstruktur noch zur Ihrer Kanzleigröße?
  4. Wurden hinreichend Supportstrukturen in der Kanzlei aufgebaut?
  5. Haben Sie ein effizientes und übersichtliches Controlling?
  6. Können Sie Mandanten und Aufträge hinsichtlich der Profitabilität bewerten?
  7. Haben Sie auf Branchen ausgerichtete Industry Groups?
  8. Gibt es einen Marketingplan für jede Ihrer Industry Groups?
  9. Haben Sie Ihre personellen Admin- und Support-Kapazitäten analysiert und angepasst?
  10. Wurden die Admin- und Support-Abläufe bereits reviewt?
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